Politische Bildung – geht (auch) digital!

In Zeiten von Ausgangssperren, Verschwörungstheorien und viel Unmut allerseits ist eines besonders wichtig: Politische Bildung für Groß und Klein. Wir zeigen, wie politische Bildung digital auch im Lockdown möglich ist, mit kreativen Ideen, digitalen Angeboten und guten Materialien.

Mitgestalten oder rumschimpfen – Corona und das Politikverständnis

„Die Politiker*innen sind viel zu streng!“

„Die Politik macht doch viel zu wenig!“

„Also, wenn mich mal einer fragen würde …“

Die Corona-Zeit mit ihren Einschränkungen, Regeln und ständig neuen Entwicklungen fordert uns allen einiges ab. Unsicherheit, fehlende soziale Kontakte und vielleicht auch die Angst, krank zu werden, sind ständig präsent und für Kinder wie Erwachsene schwer auszuhalten.

Dazu kommen Regeln wie die Maskenpflicht, Ausgangssperren oder die Schließung von Geschäften, Gastronomie, Kindergärten und Schulen, die von Politikerinnen und Politikern immer wieder neu diskutiert, ausgehandelt und an die Menschen kommuniziert werden.

Bild von Robert Jones auf Pixabay

Diese Regeln sind nicht nur schwer auszuhalten – sie sind auch nicht immer ganz leicht zu verstehen. Und so führt Corona neben all den anderen Schwierigkeiten auch zu viel Frust. Der entlädt sich auf ganz unterschiedliche Weise: Die einen informieren sich, engagieren sich in Initiativen oder versuchen, die Situation im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten positiv zu gestalten, etwa durch Nachbarschaftshilfe, Engagement für Menschen, die stark unter der Situation leiden oder durch den Versuch, neue Ideen und digitale Konzepte zu entwickeln für Beziehungspflege, Arbeit, Unterricht, Spielgruppen … eine zweite Gruppe aber wähnt sich im sogenannten ‚Widerstand‘, boykottiert Maßnahmen, ohne dazu in einen echten Dialog zu treten, verbreitet Verschwörungstheorien oder schimpft hinter verschlossenen Türen auf Politiker*innen, Entscheidungen und ‚das System‘.

Nicht wissen, nicht verstehen – fehlender Einblick in Politik führt zu jeder Menge Frust

Diese unterschiedlichen Reaktionen zeigen nicht nur, wie belastend die Situation für alle ist. Sie zeigen auch sehr deutlich, wie viel Vertrauen unterschiedliche Menschen in die Demokratie und ihre Vertreter*innen setzen, wie viel Verständnis für politische Prozesse vorhanden ist – kurz, wo die Politik keine oder schlechte Kommunikationskanäle zu den Menschen hat und die Botschaften nicht oder falsch ankommen.

Eins ist deshalb jetzt noch wichtiger als sowieso schon: Politische Bildung, die ankommt. Für Erwachsene, die sich engagieren und informieren wollen – und vielleicht nicht wissen, wie. Für Menschen mit Zweifeln, Fragen und Unsicherheiten, die vielleicht schon jetzt empfänglich sind für Schein-Argumente und die scheinbar einfachen Antworten. Und für die Kinder, die die Politik und das Zusammenleben in der Gesellschaft in Zukunft prägen werden. Sie müssen so früh wie möglich lernen, wie Politik funktioniert, sich mit den Ideen, Chancen und Schwierigkeiten unserer Demokratie auseinandersetzen und ihre eigenen Möglichkeiten kennen, mitzugestalten. (Mehr dazu, warum politische Bildung für Kinder so wichtig ist und wie sie funktionieren kann, steht hier im VerstehMal-Blog!)

Politische Bildung im Lockdown – geht das überhaupt?

Politische Bildung für Kinder, schön und gut – aber jetzt ist nun mal Lockdown. Weder die Schule noch der Kindergarten kann gerade ein Projekt zur politischen Bildung auf die Beine stellen. Es lassen sich keine Workshops und keine Rollenspiele organisieren. Und der Besuch im Rathaus fällt auch aus.

Trotzdem und gerade jetzt: Politische Bildung muss sein. Und sie kann auch sein. Denn gerade jetzt ist der Moment, um Fragen zu beantworten, Unsicherheiten aufzufangen und Möglichkeiten aufzuzeigen. Und das geht auch digital.

Ob mit der Schulklasse oder der Pfadfindergruppe, zu Hause in der Familie oder als offenes Angebot – es gibt viele Möglichkeiten, politische Bildung gerade jetzt umzusetzen.

Block auf, Stift raus, hier kommen unsere Tipps und Ideen:

Fragen, Erklären, Diskutieren – in der Videokonferenz fühlt sich’s fast wie live an

Lernen funktioniert am Besten durch selber machen. Das wissen wir schon lange und das gilt auch für politische Bildung. Selbst in die Situation von Politiker*innen schlüpfen, demokratische Prozesse im Kleinen umsetzen und erleben – das macht Politik anschaulich, greifbar und verständlich. Und das geht auch digital!

  • Wie wäre es zum Beispiel mit einer politischen Talkshow per Videokonferenz? Die Kinder können als Moderator*innen, Talk-Gäste, oder Publikum teilnehmen. Es werden vorher Rollen festgelegt, ein Thema wird beschlossen, auf das sich alle vorbereiten können – und dann Bühne frei! Wer möchte, schaltet sich per Video und Mikrofon in die Diskussion ein, die Moderator*innen – bei jüngeren Kindern am besten Erwachsene, ältere Kinder und Jugendliche können das selbst – leiten das Gespräch, das Publikum darf Fragen stellen, auf das Gespräch reagieren … und nach der hitzigen Diskussion wird das Ergebnis präsentiert. Er Lust hat, kann sogar einen Teaser oder einen Jingle gestalten oder sich seiner Rolle entsprechend verkleiden.
  • Um etwa mit einer Schulklasse (Lokal-)Politik zu erleben, kann auch eine Stadtratssitzung per Videokonferenz abgehalten werden. Jedes Kind wird zum Mitglied einer (realen oder  fiktiven) Partei. Es wird ein Thema festgelegt – wie wär’s zum Beispiel mit „Corona Maßnahmen“? Und dann geht die Sitzung los. Die Parteien tragen ihre Positionen vor, es werden Anträge eingebracht, Argumente ausgetauscht und schließlich fällt in einer geheimen Abstimmung die Entscheidung. So kommt Politik nach Hause – und die Prozesse, Argumente und Abläufe werden sichtbar und verständlich.
Politische Prozesse üben geht nicht nur live, sondern auch per Videokonferenz.
Bild von Steven Weirather auf Pixabay

Informieren, Positionieren, Präsentieren – politische Meinungsäußerung digital

Der Stadtrat hat entschieden – aber ich sehe das anders. Zum Glück gibt es in einer Demokratie Raum und Möglichkeiten für (fast) alle Meinungen. Und auch das lässt sich hervorragend digital vermitteln und üben:

  • Wie kommen Menschen überhaupt an die Macht und welche Inhalte sind dabei wichtig? Das zeigen Wahlplakate. Für Kinder (und auch für Große) ist es eine spannende Aufgabe, selbst Wahlplakate zu gestalten. Was ist ein guter Slogan? Welches Thema ist mir wichtig? Wie überzeuge ich die Menschen davon, dass ich der*die Richtige bin? Selbst ein Wahlplakat zu gestalten, bringt einen einzigartigen Einblick in die Schwierigkeit, komplexe Themen einfach zu vermitteln. Es hilft, sich mit dem Prozess politischer Meinungsbildung auseinanderzusetzen. Und Spaß macht es auch! Plakate können in Word oder PowerPoint, in Bildbearbeitungsprogrammen (Kamerakinder stellt hier ein paar kostenlose vor) oder mit Papier und Stift gestaltet werden. Über eine Videokonferenz, einen Chatraum oder ein Forum können die Plakate miteinander geteilt, diskutiert – oder sogar eine Wahl veranstaltet werden. Genauso funktioniert es natürlich mit Wahlprogrammen, Demoplakaten, …
  • Wohin mit meinem Anliegen? In einer Demokratie gibt es viele Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen und das eigene Thema einzubringen. Die Möglichkeiten der eigenen Meinungsäußerung lassen sich auch mit digitalen Methoden gut kennenlernen: Kinder können Briefe an Politiker*innen schreiben und diese online austauschen und darüber diskutieren. In einem gemeinsamen Etherpad (etwa hier) lassen sich Anliegen für eine (fiktive oder echte) Petition formulieren. So lernen Kinder, ihre Argumente zu durchdenken, schlüssig zu formulieren – und finden Wege, diese auch an die richtigen Adressat*innen zu richten.

Lesen, Verstehen, Anwenden – Lernmaterialien digital und analog

Oder soll es gar nicht das ganz große, interaktive Projekt sein, sondern Input muss her? Gute Materialien und digitale Angebote, mit denen Kinder und Erwachsene sich informieren können, mehr über Politik lernen und Zusammenhänge verstehen? Kein Problem – in den Weiten des Internet finden sich nicht nur Katzenvideos und Spam-Werbeanzeigen, sondern auch sehr viele gute, schlaue Angebote zum Lernen und Verstehen.

Titelbild vom Lernheft VerstehMal: Das Rathaus

Aber egal ob online oder analog, gemeinsam oder jede*r für sich – am wichtigsten ist nicht, wie – sondern dass politische Bildung stattfindet. Damit Kinder ein Verständnis für und deinen Einblick in Politik, Prozesse verstehen, ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten kennen – und schließlich auch in Ausnahmefällen wissen, wie Entscheidungen entstehen und wie sie sich selbst sinnvoll und angemessen einbringen können.

Übrigens: Wer noch mehr gute Ideen zum Homeschooling sucht, findet hier im VerstehMal-Blog schon eine ganze Sammlung an Tools, Ideen und Links!
Noch mehr Ideen zum Thema politische Bildung und einige gute Bücher für Kinder zum Thema haben wir hier schon einmal für euch gesammelt!

3 Kommentare zu „Politische Bildung – geht (auch) digital!“

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